Inzwischen haben die Preise für Immobilien in einer Reihe deutscher Metropolen bemerkenswerte Höhen erreicht. Steht angesichts dieser Situation eine Immobilien-Blase unmittelbar bevor? Und welche Faktoren müssen gegeben sein, damit es dazu kommt?
Immobilien-Studie: Nachfrage übersteigt Angebot
Die im letzten Monat veröffentlichte Wohnungsmarktstudie der Bundesbank verzeichnet starke Immobilien-Preisanstiege seit 2010. Allerdings übersteigen diese Preise das, was unter Berücksichtigung ökonomischer und demografischer Faktoren angemessen scheint, nur um 5 bis 10 Prozent. Dagegen liegt die Überbewertung in Großstädten wie Berlin, Hamburg und München, aber auch Düsseldorf, Köln, Frankfurt und Stuttgart bereits bei bis zu 20 Prozent. Ein Ende des Preisdrucks sei nicht in Sicht, da die Nachfrage nach neuen Wohnungen das derzeitige Angebot übersteige. Bei etwaigen Preiskorrekturen müssten Eigentümer von Immobilien mit Vermögensverlusten rechnen. Droht die Immobilien-Blase?
Nach Aussage der Studie nicht, die eine Überbewertung von insgesamt 5 Prozent nicht als Blase gelten lässt – auch dann nicht, wenn man die genannten Metropolen miteinbezieht. Der Warnung von Vermögensverlusten durch Preiskorrekturen widerspricht Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW), Abteilung Immobilienökonomik: Eine Blase wie 2007 in den USA sei durch überhöhte Gewinnerwartungen und eine immense Kreditfinanzierung gekennzeichnet. Deutsche dagegen brächten eine hohe Eigenkapitalquote ein und betrachteten Wohnimmobilien als langfristige Anlagemöglichkeit. Auch bei der Deutschen Bank glaubt man nicht an eine Immobilien-Blase, wenngleich die Grundvoraussetzungen angesichts extrem niedriger Kreditzinsen, Inflationsangst und im Ländervergleich niedrigen Preisen für Immobilien gegeben seien. Doch verglichen mit Immobilienpreiszyklen anderer OECD-Länder sei der Anstieg eher gemäßigt.
Immobilienmärkte: Generell überteuert?
Im Rahmen ihrer Analysen ziehen Immobilien-Ökonomen zwei Indikatoren heran: Die Preis-Miet-Relation sowie das Verhältnis von Preis und Einkommen. Erstere fokussiert die Rendite einer Immobilie, die sinkt, sobald die Preise über den realistisch erzielbaren Mieten liegen – man hat es mit einem überteuerten Markt zu tun. Aber laut Bundesbank haben sich Preise und Mietentwicklung noch nicht entkoppelt. Am Verhältnis von Preis und Einkommen schließlich ist ablesbar, wie viele Jahreseinkünfte eines Haushaltes in den Erwerb von Immobilien fließen. Eine Kennziffer, die seit den 1980ern spürbar zurückging, aber jetzt wieder steigt. Sind Wohnungen also mit Blick auf den deutschlandweiten Durchschnitt durchaus bezahlbar? Bei einer solchen Sichtverengung ist Skepsis angezeigt, da der Preisverfall in wirtschaftlich wie demografisch schlecht aufgestellten, vornehmlich ostdeutschen Regionen sowie ein Stadt-Land-Gefälle das Bild verzerren. Und in den genannten sechs Metropolen kletterten die Preise seit 2010 um gut 25 Prozent, nicht zuletzt durch Käufe institutioneller Investoren angeheizt – am stärksten in Berlin, wo man allerdings auf sehr niedrigem Preisniveau startete.
Trend: Vertrauen in deutsche Wirtschaftskraft
Wie sehen angemessene Preise aus? Dazu bemühte die Studie ein Schätzgleichungsmodell, um aus Angebot und Nachfrage angemessene Gleichgewichtspreise für alle über 300 Kreise und 93 kreisfreien Städte zu ermitteln. Neben demografischen Faktoren wie Bevölkerungsdichte und Altersstruktur ist die Nachfrage vor allem durch steigende bzw. fallende Einkommenserwartungen geprägt. Diese wirken sich erst längerfristig, aber dann verstärkt aus. So führt man die lange Phase des Preisverfalls von 1996 bis 2006 auf gedämpfte Wachstumserwartungen durch mangelndes Vertrauen in die deutsche Wirtschaftskraft zurück. Ein Trend, der sich umgekehrt hat: Gestiegene Wachstumserwartungen lassen die Wohnungspreise weiter steigen. Studien wie von Agnello und Schuhknecht von 2011 indentifizierten zwei starke Einflussfaktoren für einen Boom, nachdem sie dazu 18 Industrieländer über einen Zeitraum von fast 30 Jahren in den Blick genommen hatten:
Niedrige reale Zinsen und eine unverhältnismäßig steigende Kreditentwicklung. Insofern besteht keine Überhitzungsgefahr – die Nachfrage nach Hypothekenkrediten steigt nur moderat. Warnungen vor einer Spekulationsblase scheinen derzeit unangebracht, wie auch die Bundesbank Vizepräsidentin Sabine Lautenschläger vor einigen Tagen im Handelsblatt betonte: Schließlich brauche es für eine Immobilien-Blase nicht zuletzt auch Kreditvergabestandards, die aus dem Ruder laufen – die Überhitzung einiger Märkte in Ballungsräumen allein bedeute dagegen kein Risiko für die Gesamtwirtschaft.